Stress in der Partnerschaft
Früher ging die Wissenschaft davon aus, dass Stress in der Partnerschaft sehr individuell sei. Heute liegen viel nationale und internationale Untersuchungen vor, die zeigen, dass insbesondere Stress -egal durch was verursacht, die Stabilität von Paarbeziehungen gefährdet. Stress führt zu einer Verschlechterung der Partnerschaft und erhöht mit der Zeit das Risiko einer Trennung. Das Hauptproblem ist, dass sich der Stress oft unbemerkt anschleicht und lange unbeachtet bleibt. Die gute Nachricht: man kann frühzeitig etwas tun, indem man versucht Ursachen, Erscheinungsformen und Folgen zu erkennen und zu wissen, was man selbst zur Entstehung beiträgt. Stress verändert die Wahrnehmung und den Blick auf die Welt und den Partner. Positive Eigenschaften treten immer mehr in den Hintergrund und die negativen häufen sich. Des Weiteren reduziert Stress die Ressourcen einer Person und macht sie labiler. Nicht jeder Stress ist schlecht, denn z. T. spornt er uns an und gibt uns das Gefühl etwas geleistet zu haben. Situationen werden erst durch bestimmte Denkmuster einer Person zu Stress.
Erkennt man früh genug, welche Denkweisen einer Person als Stress empfunden werden, gelingt es einem besser diese Situation vielleicht als nicht relevant einzustufen. Erst in dem Moment, indem die Situation als bedrohlich eingeschätzt wird, treten unangenehme Gefühle wie Enttäuschung, Traurigkeit oder mangelnde Wertschätzung auf.
Was kann man dagegen tun?
Man sollte versuchen die Situation noch einmal zu bewerten und auf die Anforderungen angemessen reagieren. Es ist wichtig die Über- und auch Unterforderungen auszugleichen. Auch für die Partnerschaft sind dies wichtige Punkte. Gefühle müssen beim Partner geäußert werden, damit dieser sie nachempfinden kann. Der meiste Alltagsstress wird außerhalb der Paarbeziehung erlebt, frisst aber viel Energie, die man dann wiederum nicht in die Partnerschaft investieren kann. Stress der nichts mit dem Paar an sich zu tun hat, vergiftet oft das Klima und führt zu Konflikten, Rückzug und Entfremdung. Stress, der innerhalb eines Paares entsteht, findet seinen Ursprung meist in unterschiedlichen Meinungen, Gewohnheiten oder Bedürfnissen.
Individueller Stress sollte möglichst allein bzw. ohne den Partner bewältigt werden. Dies kann man tun, indem man unnötigen Stress vermeidet. Dabei helfen gute Organisation für den Alltag, Planung und Zusammenarbeit zwischen den Partnern und das Herabsetzen zu hoher Erwartungen und Ziele. Eine weitere Hilfe stellt der achtsame Umgang mit sich selbst dar, indem man sich genügen Zeit für die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse und Vorhaben nimmt. Auch gesunde Ernährung, ausreichende Bewegung und soziale Kontakte außerhalb der Paarbeziehung helfen den Stress zu minimieren. Beim konkreten „Paarstress“ gilt es zunächst die Äußerungen von Stress zu erkennen. Hinweise dafür können Selbstabwertungen des Partners, Anschuldigungen, Verzweiflungsäußerungen wie z. B. „Ich bin ein Versager“, „Ich krieg das nicht hin“, gereizter Ton, schneller Rhythmus beim Sprechen, zu leise oder laute Stimme, Verschlossenheit, unruhige Motorik, Pankattacken, übertriebene Zuneigung oder Abneigung sein.
Wie kann man dem Partner helfen?
Es ist wichtig in solchen Situationen das „Wir-Gefühl“ zu stärken, indem man versucht:
- dem Partner genau zuzuhören
- Raum schafft, damit die Situation erklärt werden kann
- Kritik und Abwertung vermeidet, wenn etwas unklar ist
- genau nachfragt, um Missverständnisse zu vermeiden und dem Partner dadurch das Gefühl geben, für ihn da zu sein und gemeinsam eine Lösung suchen zu können.
Tollo Michaela, Therapeutische Leitung für Kinder, Jugendliche und Familie – Zentrum Mensch, Meran
Quelle: Guy Bodenmann, 2015,„Bevor der Stress uns scheidet“ – Resilienz in der Partnerschaft, Hans Huber Verlag, Hogrefe AG, Bern